Rückweisung des Spitalkonzepts gefordert (Medienmitteilung der Gemeinden Altstätten, Flawil, Rorschach, Walenstadt und Wattwil sowie der VPOD Sektion St. Gallen und des SBK St. Gallen)

29. Juni 2018
Die Präsidenten der von einer Spitalschliessung betroffenen Standortgemeinden sowie Vertreterinnen und Vertreter von Personalverbänden und Interessengruppierungen erachten das vom Verwaltungsrat der Spitalverbunde vorgelegte Grobkonzept zur Leistungs- und Strukturentwicklung der St.Galler Spitallandschaft als völlig ungenügend und fordern deshalb dessen Rückweisung. Es wird eine neutrale, fundierte und transparente Entscheidungsgrundlage verlangt, welche - ausgehend von den bewährten Versorgungsstrukturen - unvoreingenommen eine zukunftsfähige und nachhaltige Entwicklungsalternativen aufzeigt.

Die Regierung und der Verwaltungsrat der Spitalverbunde des Kantons St.Gallen orientierten am 31. Mai mittels Medienmitteilung über die Zukunft der Spitäler im Kanton St.Gallen. Der Verwaltungsrat schlägt der Regierung als Sparmassnahme eine Reduktion auf die vier Spitalstandorte St.Gallen, Grabs, Linth (Uznach) und Wil vor. An den übrigen fünf Spitalstandorten, Altstätten, Flawil, Rorschach, Walenstadt und Wattwil, könnten nach Möglichkeit ambulante Einrichtungen entstehen oder die Liegenschaften einer anderen Nutzung zugeführt werden.

Spitalkonferenz der Standortgemeinden und Personalverbände

Die Präsidenten der von einer möglichen Schliessung betroffenen Standortgemeinden sowie Vertreterinnen und Vertreter von Personalverbänden und Interessengruppierungen haben sich am 28. Juni in Altstätten zu einer ersten Spitalkonferenz getroffen. Das vorgelegte Grobkonzept genügt nicht mal grundlegendsten Anforderungen an ein Strategiedokument und taugt als Entscheidungsgrundlage nicht. Der Ärger ist entsprechend gross. Deshalb wurde ein gemeinsames Vorgehen beschlossen.

Unverständnis für vorgeschlagene Strategieumkehr

Im Abstimmungskampf zu den sechs Investitionsvorlagen vor vier Jahren argumentierte die Regierung, dass „mit Spitalschliessungen keine Kosten gespart werden können“ und die etablierte Netzwerkstrategie ein „kostengünstiges Versorgungsmodell“ sei. Im nationalen Vergleich sind die Gesundheitskosten des Kantons St.Gallen denn auch unterdurchschnittlich. Die Stimmbevölkerung bestätigte mit ihrer Zustimmung die eingeschlagene Netzwerkstrategie deutlich. Noch im Herbst 2017 bekräftigte die St.Galler Regierung diese Strategie einer engen Zusammenarbeit der Spitalverbunde unter Gewährleistung einer wohnortsnahen Grundversorgung. Entsprechend stösst die nun vorgeschlagene Strategieumkehr allenthalben auf Unverständnis.

Grobkonzept genügt nicht

Das durch den Verwaltungsrat vorgelegte Grobkonzept wurde heftig kritisiert. Dieses analysiert ausschliesslich Varianten mit Spitalschliessungen; eine Weiterentwicklung der bisherigen Netzwerkstrategie wird erst gar nicht erörtert. Dabei wird der operative Gewinn (EBITDA) aller Spitalverbunde auch ohne Strukturanpassungen gemäss Grobkonzept im Jahr 2025 über 50 Millionen Franken betragen. Die umfassenden Investitionen nach dem 15-jährigen Baumoratorium führen nachvollziehbar zu einer Phase mit hohen Abschreibungen, welche das Gesamtergebnis der Spitalverbunde belastet. Demgegenüber konnten in den letzten Jahren jeweils Ergebnisse erzielt werden, welche über dem gesamtschweizerischen Durchschnitt liegen.

Im Abstimmungskampf argumentierten Vertreterinnen und Vertreter der Kantonsregierung sowie der Spitalverbunde, dass eine einfachere Operation in einem Regionalspital deutlich günstiger sei, als in einem grossen Schwerpunkt- oder Zentrumsspital. Im vorliegenden Konzept wird dieses Argument nicht mehr erörtert. Vielmehr werden nun ausschliesslich die Schliessung von fünf bis acht Spitälern mit entsprechenden Patientenverschiebungen in teurere – oder gar private oder ausserkantonale – Institutionen vorgeschlagen. Diese Strategieumkehr verunsichert die Mitarbeitenden wie auch Patientinnen und Patienten gleichermassen und schadet letztlich den Spitalverbunden des Kantons St.Gallen nachhaltig.

Auffallend ist, dass im Konzept des Verwaltungsrates finanzielle und strukturelle Aspekte im Vordergrund stehen. Während erfolgreiche Unternehmen die Kundin bzw. den Kunden ins Zentrum ihrer Strategie stellen, sind diese im vorliegenden Konzept nur am Rand erwähnt. Ihre Abwanderung zu anderen Spitälern wird mit der vorgeschlagenen Strukturveränderung gefördert bzw. zumindest in Kauf genommen. Nicht verwunderlich ist deshalb, dass die Qualität nur oberflächlich als „bestmögliche Leistung“ für die Patientin oder den Patienten definiert wird. Entsprechend wird weder die heute erreichte Qualität transparent ausgewiesen noch das anzustrebende Qualitätsniveau quantifiziert.

Unter den Teilnehmenden der Spitalkonferenz herrschte Einigkeit darüber, dass das Konzept als Entscheidungsgrundlage nicht taugt. Es weist schwerwiegende Lücken auf, setzt die falschen Akzente, berücksichtigt die bisherige Strategie in keiner Weise und nimmt den Verlust von Marktanteilen mit entsprechender Kostenverschiebung von den Spitalverbunden zum Kanton in Kauf.

Spitalkonferenz fordert eine fundierte Entscheidungsgrundlage

Aus Sicht der Teilnehmenden der Spitalkonferenz ist es nicht akzeptabel, dass auf der Basis eines solch unzureichenden Konzepts Entscheide über die Schliessung von Spitalstandorten mit erheblichen Konsequenzen für Patientinnen und Patienten, Mitarbeitende, Wirtschaft, Standortgemeinden und Regionen hergeleitet werden sollen. Es reicht bei Weitem nicht aus, wenn der neu gebildete Lenkungsausschuss gemäss Medienmitteilung der Regierung „die unternehmerische Sicht mit einer gesundheitspolitischen und finanzpolitischen Sicht zusammenführt“. Die Teilnehmenden der Spitalkonferenz fordern vielmehr die Rückweisung des vorliegenden Grobkonzepts und die Erarbeitung einer neutralen, fundierten und transparenten Entscheidungsgrundlage über die künftige Gesundheitsversorgung in der gesamten Ostschweiz unter Einbezug aller Betroffenen. Dabei sind insbesondere auch Wege aufzuzeigen, wie die bewährte Netzwerkstrategie nachhaltig weiterentwickelt werden kann.

Bildlegende von links nach rechts: Angelo Umberg, Gemeindepräsident Walenstadt; Alois Gunzenreiner, Gemeindepräsident Wattwil, Ruedi Mattle, Stadtpräsident Altstätten, Maria Huber, VPOD Ostschweiz; Elmar Metzger, Gemeindepräsident Flawil; Edith Wohlfender, SBK St.Gallen; Werner Ritter, Verein Pro Spital Altstätten
Bildlegende von links nach rechts: Angelo Umberg, Gemeindepräsident Walenstadt; Alois Gunzenreiner, Gemeindepräsident Wattwil, Ruedi Mattle, Stadtpräsident Altstätten, Maria Huber, VPOD Ostschweiz; Elmar Metzger, Gemeindepräsident Flawil; Edith Wohlfender, SBK St.Gallen; Werner Ritter, Verein Pro Spital Altstätten